Aachener Nachrichten
Junger Chor Aachen: Werke von Pepping, Hindemith und ihren Schülern
Musikalische Ehrenrettung
Aachen. Der Chormusik des 20. Jahrhunderts von Pepping, Distler und
Hindemith haftet noch immer der Beigeschmack spröder Trockenheit an. Dass das
Publikum so der teilweise wertvollen Musik Unrecht tut, hat Fritz ter Wey mit
seinem Jungen Chor Aachen wiederholt bewiesen.
Gleichwohl erwies sich die Konzentration auf die Meister-Schüler-Paare
Pepping-Poos und Hindemith-Genzmer im neuesten Programm des Chores nicht gerade
als Publikumsmagnet. So schwach besucht wie am Sonntag Abend war die Aula
Carolina lange nicht bei einem ter-Wey-Konzert. Dabei war auch dieser Abend
geeignet, unberechtigte Vorurteile auszuhebeln.
Die drei gewählten Madrigale von Ernst Pepping, dessen 100. Geburtstag in diesem
Jahr gefeiert wird, entfalten in ihrem hymnischen Gestus bisweilen eine geradezu
mitreißenden Schwung. Freilich auch einen Glaubensoptimismus, der angesichts des
Entstehungsjahres 1937 auf heutige Gemüter anachronistisch wirken mag.
Verwaschene Akustik
Eine noch differenzierte klangliche Leuchtkraft fordert der Pepping-Schüler
Heinrich Poos dem Chor ab, dessen "Epistolae" 2000 vom Jungen Chor mit großem
Erfolg uraufgeführt wurden. Aus dem 30-minütigen Gesamtwerk wiederholte ter Wey
zwei Teile, deren klangliche Subtilität in der Aula Carolina allerdings nur zum
Teil hörbar wurde. [...]
Auch mit seinem Einsatz für Paul Hindemith wirkt ter Wey manchem Klischee
entgegen. Die sechs Chansons auf Texte von Rainer Maria Rilke etwa gehören zum
Zartesten und Sinnlichsten, was Hindemith je komponierte. Da gebärdet sich sein
Schüler Harald Genzmer in seinen Hölderlin-Chören schon eine Spur spröder:
Gleichwohl: der chorisch wie immer sauber vorbereitete Abend kam einer
Ehrenrettung für ein ebenso dankbares Kapitel neuerer Chormusik gleich und hätte
ein volles Haus verdient gehabt.
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Aachener Zeitung
Dichte Atmosphäre im Neonlicht
Junger Chor Aachen in der Aula Carolina - Starke Lyrikinterpretationen
Aachen.
Wenn sich Fritz ter Wey und der Junge Chor Aachen mit ihrem
ureigensten Anliegen präsentieren - der A-cappella-Chormusik des
20. Jahrhunderts -, locken sie nicht unbedingt Massen in die Konzertsäle.
Bei einem so akademischen Titel wie "Meister-Schüler" erwartet selbst der
härtest gesottene Fan erst einmal Trockenes. Darum erklärte ter Wey die Idee des
Programms, wobei es ihm in der Kürze nicht leicht fiel, das
Lehrer-Schüler-Verhältnis zwischen Ernst Pepping und Heinrich Poos sowie Paul
Hindemith und Harald Genzmer an Hand der ausgewählten Musik zu verdeutlichen.
Spannender wurde da schon die Bemerkung zur Stellung Peppings und Hindemiths in
der NS-Zeit in ihrem Lavieren zwischen Anpassung, innerer und äußerer Emigration
und Protest, wobei man sich immer fragen kann, ob Pepping unter einem anderen
Regime wirklich weniger spartanisch geschrieben hätte. Liebhaber von keuscher
Spröde kamen auf ihre Kosten. Dem Chor aber schienen die weit facettenreicheren
Paulusbrief-Vertonungen von Poos, die er letztes Jahr uraufführte, eher zu
liegen; er fand von einem geraden, gläsernen, fast engen Klang zu deutlich
mehr Kraft und Glanz.
Das enorme Potenzial dieses vielfach ausgezeichneten Kammerchors wurde aber
eigentlich erst im zweiten Programmblock deutlich: Er lieferte technisch saubere
und musikalisch tief gehende Interpretation ausgewählter Lyrik Hölderlins,
Rilkes und Mörikes in Vertonungen von Hindemith und Genzmer und schuf damit
dichteste Atmosphäre sogar in der neonbeleuchteten Aura einer elitär besetzten
Aula Carolina.
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Aachener Zeitung vom 20.11.2001
Eine sensationelle Eliteformation
Junger Chor begeistert beim Konzert zum 35-jährigen Bestehen
von Alfred Beaujean
Aachen.
Zu seinem Jubiläumskonzert anlässlich des 35-jährigen
Bestehens hatten sich Fritz ter Wey und sein Junger Chor Aachen etwas besonderes
ausgedacht: eine Aufführung des Deutschen Requiems von Brahms in einer von
fremder Hand hergestellten Fassung, die den orginalen Orchesterpart durch zwei
Klaviere und Pauken ersetzte. Über die künstlerische Legitimität eines solchen
Unterfangens kann man natürlich geteilter Meinung sein. Die gegenwärtigen und
aus ganz Deutschland hergekommenen ehemaligen Mitglieder des Chores, in
jahrelangem Umgang mit schwieriger alter und neuer A-cappella-Literatur an
musikalischer Intelligenz geschärft, hätten auch zweifellos ein anspruchsvolles
A-cappella-Programm zu diesem Anlass auf die Beine gestellt. Das wäre
künstlerisch legitimer gewesen, hätte aber vermutlich die Kirche St. Paul nicht
in dem Maße gefüllt, wie es nunmehr der Fall war.
Das Brahms-Requiem, noch jüngst im Dom in seiner Orginalgestalt mit dem Limburgischen Symphonieorchester
erklungen, ist immer noch ein Magnet, der zieht, auch wenn das Werk in
verdünnter Klanggestalt geboten wird, wie es hier der Fall war. Klaviere können
halt kein Brahm-Orchester ersetzen. Allerdings bezieht sich die "Verdünnung"
keineswegs auf den Chor. Was sich dort vor dem Hochaltar präsentierte, war eine
Eliteformation, deren klangliche Schönheit und Ausgeglichenheit sensationell
genannt werden muss, zumal sie die hallige Kirchenakustik noch zusätzlich trug.
Ter Wey wusste die dynamischen Möglichkeiten dieser mehr als
100 Sängerinnen und Sänger umfassenden Gemeinschaft wohl zu nutzen. Rein
chorisch war die Aufführung eine Ereignis. Dass die beiden Solisten, der Bariton
Florian Prey und die Sopranistin Cornelia Samuelis, nicht ganz mithalten
konnten, lag nahe, zumal sich der Klavier-"Ersatz" in den Solostellen am
peinlichsten bemerkbar machte, während in den großen Chorsätzen die chorische
Klangpracht zumeist überdeckte. Vorausgegangen waren vier Sätze aus einer Messe
für Chor und Orgel des 1991 gestorbenen Komponisten Jean Langlais, gesungen vom
Jungen Chor in seiner gegenwärtigen Formation. An der Orgel assistierte zumeist
klanggewaltig Walter Brouwers. Sehr viel Beifall seitens des großen
Auditoriums.
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Aachener Nachrichten
Der junge Chor machte mit seinem Konzert Lust auf Weihnachten
Klangglocke der Stimmen
von Maria Pakura
Aachen. Ein akustisches Erlebnis der besonderen Art war das
Weihnachtskonzert des Jungen Chores Aachen. Nicht nur wegen der schönen Simmen
der Sänger, sondern auch wegen der vielen "Aufstellungs-Variationen".
Der Begründer und Leiter des Jungen Chores Aachen, Fritz ter Wey, hatte sich für
das post-mittelalterliche deutsche Weihnachtslied "Personent hodie" etwas
Ausgefallenes einfallen lassen: Alle Sängerinnen stellten sich links, alle
Sänger rechts entlang den Bankreihen in der Aachener Nikolauskirche. So sangen
die Chormitglieder weit verteilt in einem Dialog und verzauberten die Zuhörer
mit einem neuen Klangerlebnis. Denn da die Stimmen nicht wie gewohnt kompakt und
frontal an das Ohr drangen, sondern von allen Seiten, schienen die Töne wie eine
Glocke über dem Publikum zu schweben.
Die Einleitung des Weihnachtskonzerts des Jungen Chors war ebenso überraschend
gewesen wie jenes zweite Lied. Die "Messe Solennelle" von Jean Langlais hat der
Chor, begleitet vom Organisten Ulrich Peters, von der Orgelempore gegesungen.
Als ohne einleitende Worte das "Kyrie" der Messe über den Köpfen der Zuhörer
angestimmt wurde, drehte sich so mancher erstaunt um, um zu sehen ob der
Wohlklang schon zum Konzert gehörte.
Buntes Potpourrri
Dann platzierte der Chor sich wie gewohnt vor dem Altar. Mit einem bunten
Potpourri aus deutschen und englischen Traditionsliedern wie "Hark! The herald
angels sing", "Tochter Zion", "Freu dich Erd und Sternenzelt" und "The first
nowell" erweckten die Sänger Vorfreude auf das bevorstehende Weihnachtsfest.
Ein ungewöhnlicher Hörgenuss waren wie "Julsang" oder "Det brinner en stjärne".
Bei diesen melancholischen Lieder kamen die hervorragenden Solisten zum Zuge.
Klingt schon der Chor als Ganzes mit seinen sehr jungen, agilen und weichen
Stimmen regelrecht ans Herz, so tun es die Solisten doppelt. Vor allem von den
kristallklaren Sopran-Stimmen konnte der Zuhörer sich kaum losreißen.
Begeistert war das Publikum von dem abwechslungsreichen Programm allemal. Das
zeigte sich in dem minutenlangen Applaus am Ende des Konzerts. Mit Leib und
Seele dabei waren die zahlreichen Zuhörer allerdings nicht. Bei mehreren Liedern
nämlich lud der Chor sein Publikum zum Mitsingen ein - was nur wenige
Konzertbesucher wahrnehmen. In dicke Mäntel gehüllt, lauschten sie lieber
andächtig still dem Vortrag des Chores.
Das viele Plätze unbesetzt blieben, war schade, hing aber sicherlich mit dem
Winterwetter zusammen.
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Aachener Zeitung vom 27.12.2001
Zwischen ernster Stille und Jubel
Der Junge Chor: Konzert in St. Nikolaus - Ulrich Peters an der Orgel
von Sabine Rother
Aachen.
Besondere Kostbarkeiten hatte Fritz ter Wey mit seinem Jungen
Chor für das Weihnachtskonzert in der vollbesetzten Aachener Kirche St. Nikolaus
vorbereitet. Im Feiertagstrubel Stille finden - ein Gedanke, der bei der "Messe
solennelle" von Jaen Langlais (1907-1991) greifbar wird. Ein flehendes "Kyrie",
das nachdrücklich und schmerzlich Beistand erbittet, das aufrüttelnde "Sanctus",
ein dunkel-funkelndes "Benedictus" und das "Agnus Dei", das aus den Bässen zum
hoffnungsvollen Friedenswunsch aufsteigt - sie werden im Chor in gewohnter
Perfektion und mit so vielfarbiger Nuancierung interpretiert, dass die
jenseitige "Architektur" dieses Werkes spürbar, der Klang durchsichtig wird.
Ulrich Peters an der Orgel ist den Sängerinnen und Sängern im ganzen Konzert
ein ebenbürtiger Partner mit seinem Spiel, das völlig mühelos wirkt und dabei
höchste Virtuosität bietet.
Zum Liedgesang zieht der Chor in den Kirchenraum
Zum Liedgesang zieht der Chor von der Empore hinab in den Kirchenraum. War er
bisher den Blicken entzogen, stehen Damen und Herren nun rechts und links in
unmittelbarer Nähe des Publikums, um den mittelalterlichen Chorsatz "Personent
Hodie" zu intonieren - eine gute Gelegenheit, um die Schönheit der Einzelstimmen
bewusst zu registrieren. Endlich dann das erste Weihnachtslied zum Mitsingen.
Und alle machten (laut oder leise) mit bei "The herald angels sing" oder "The
first nowell". Bevor die Reise nach Skandinavien und zurück nach Deutschland
geht, darf geschmunzelt werden bei Heinrich Waggerl: Johannes Konrads, Tenor im
Chor, liest aus der heiter-besinnlichen Erzählung "Das ist die stillste Zeit im
Jahr", ein Text, der viele schöne Erinnerungen vom Tannen- und Mandelduft bis
zum leckeren Zimtstern weckt.
Sphärisch-meditativ das "Jul, jul stralande jul" von Gustav Nordqvist,
beschwingt und heiter die weiteren Skandinavien-Lieder. Mit "Tochter Zion"
(Georg Friedrich Händel) und "Es ist ein Ros entsprungen" (Michael Praetorius)
gibt man der deutschen Weihnacht ihren Klang, wobei ter Wey, der seinem Chor
feinste Nuancen abverlangt, zum Schluss nochmals zeigt, wie meisterlich hier
Gesang erarbeitet wird: Nach dem gemeinsam gesungenen Praetorius-Lied stimmt der
Chor nochmals alleine an - und lässt die "Rose" dabei im wahrsten Sinne
"aufblühen". Anspruchsvoll die Zugabe: Felix Mendelssohn-Bartholdys empfindsamer
Chorsatz "Denn er hat seinen Engeln befohlen."
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