Aachener Nachrichten vom 11.12.2007
Brillant und gegen den Strich mit Gänsehautfaktor
von Heike Nelsen-Minkenberg
Aachen.
Ganz ohne «Jingle Bells» und Glühweinromantik, dafür mit einem ungewöhnlichen
und ambitionierten Programm präsentierte sich der «Junge Chor Aachen» am
Wochenende. Inmitten der quirligen Pontstraße und dem allgegenwärtigen
Weihnachtskitsch bot die ruhige, konzentrierte Atmosphäre in Heilig Kreuz
den passenden Rahmen für ein Weihnachtskonzert, das in Aachen sicherlich
zu den besten dieser Saison gehören wird.
Als Partner für sein ehrgeiziges Projekt konnte Chorleiter Prof. Fritz ter Wey
das Luxembourg Brass Ensemble gewinnen. Die zehnköpfige Bläser-Gruppe unter
Prof. Harry Ries besticht neben ihrer Präzision vor allem durch die Virtuosität,
mit der sie Musik im Wortsinn «spielt» - leicht, perlend, perfekt. Selbst
schwierigste Partien prickeln sanft, wie gut gekühlter Champagner.
Den passenden Solo-Sopran dazu besitzt Yvonne Nijsten. Nach ihrer Ausbildung
in Maastricht und Amsterdam hat sie sich auf Liedinterpretationen spezialisiert.
Eine echte Könnerin, die Gott sei dank auf überflüssige Triller und ähnliches
verzichtet, die Lieder schlicht und klar mit ihrer wunderschönen, warmen Stimme
interpretiert. Besonders das mittelalterliche «Gabriel´s Greeting» und Max
Regers «Mariä Wiegenlied» gewinnen bei ihr einen Gänsehautfaktor.
Über gut 700 Jahre, genauer vom 14. bis zum 21. Jahrhundert, verteilten sich
die dargebotenen Stücke - und fügten sich doch zu einem passenden, gut
durchdachten Programm. Stärker vertreten war natürlich die «jüngere» Musik,
die dem «Jungen Chor» seinen Namen gibt. Besonders eindrucksvoll die a capella
gesungenen «Ave maris stella» von Grieg und «Jul, jul, stralande jul», von
Nordqvist - natürlich im schwedischen Original vorgetragen. Man soll es den
Sängern ja nicht zu leicht machen...
So ging das eineinviertelstündige Konzert wie im Flug vorbei, und das verfrorene
Publikum klatschte sich mit einem begeisterten Applaus und teilweise
sogar «Standing ovations» wieder warm. So charmant zu einer Zugabe genötigt,
trug der «Junge Chor» noch einmal John Gardners «Tomorrow Shall Be My Dancing
Day» vor. Dieses Mal viel gelöster als zu Beginn des Programms, so dass auch
hier die Begeisterung an der Musik und die Freude am Gesang endlich übersprangen,
die während des Konzerts neben einem Streben nach künstlerischer Perfektion
mitunter etwas kurz kamen.
Eine Überraschung erwartete die Besucher nach Ende des Konzerts:
In gleicher Besetzung hat der Junge Chor Aachen gemeinsam mit Yvonne Nijsten
und dem Luxembourg Brass Ensemble in der Klosterkirche Rolduc am 2. Dezember,
also nur wenige Tage vorher, ein Konzert mit ähnlichem Programm gegeben - und
es geschafft, den Live-Mitschnitt schon auf eine CD zu pressen.
Die Silberscheibe mit dem Titel «Veni Emmanuel» - Weihnachtskonzert 2007 (12 Euro)
ist ein Geschenktipp für Liebhaber anspruchsvoller Chormusik - oder einfach
für Menschen, die nicht zum tausendsten Mal «Jingle Bells» hören wollen.
|